Voyager 1 auf einer Reise ohne Wiederkehr
Voyager 1 ist das am weitesten von der Erde entfernte von Menschen gebaute Objekt.
Eine ganze Reihe an Sonden und Satelliten hat der Mensch bereits auf die Reise durch den Weltraum geschickt. Doch während die meisten davon in Erdnähe bleiben oder das innere Sonnensystem erkunden, gibt es nur eine Handvoll Flugkörper, die dazu aufgebrochen sind, auch die Außenbereiche unseres Sonnensystems zu erforschen – und alles, was sich dahinter verbirgt.
Die beiden Voyager-Sonden wurden in den 1970er Jahren dafür entwickelt, vertiefte Erkenntnisse über die beiden Gasriesen Jupiter und Saturn zu gewinnen. Mehr noch: Die NASA wollte hier eine seltene Konstellation der äußeren Planeten ausnutzen, die es ermöglichen sollte, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun auf einer „Grand Tour“ zu verbinden, ohne dabei unnötig Treibstoff aufzuwenden. Mithilfe sogenannter Swing-by-Manöver lässt sich die Gravitation der Planeten als eine Art Steinschleuder nutzen, die die Sonde auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigt.
Voyager 2 machte sich als erster der beiden Flugkörper auf den Weg: Am 20. August 1977 erfolgte der Start; nur wenig später – am 5. September – begab sich auch Voyager 1 auf die Reise. Während für Voyager 2 die „Grand Tour“ mit allen Gasriesen vorgesehen war, drang Voyager 1 bis zum Saturnmond Titan vor und verließ die Planetenebene dann unter einem Winkel von ca. 35° in nördlicher Richtung. Von weit oben schoss sie 1990 ein sogenanntes Familienporträt aller übrigen Planeten (außer Merkur). Das Foto der Erde wurde als Pale Blue Dot bekannt, ebenso berühmt sind Carl Sagans philosophische Betrachtungen zum Wesensgehalt dieses Fotos.
Seit dem 17. Februar 1998 ist Voyager 1 das am weitesten von der Erde entfernte von Menschen gebaute Objekt. Am 16. Dezember 2004 durchquerte die Sonde die Randstoßwelle (Termination Shock), wo der Sonnenwind sich abrupt verlangsamt und auf den interstellaren Wind trifft. Seit dem 25. August 2012 ist Voyager 1 mit dem Passieren der Heliopause auch das erste interstellare Objekt. Voyager 2 folgte ihr am 5. November 2018 und hat ebenfalls den interstellaren Raum betreten. Beide Sonden sind weiterhin aktiv und senden wertvolle Daten zur Erde, darunter Informationen zum Magnetfeld der Sonne sowie zum Energiespektrum kosmischer Strahlung.
Derzeit (Stand: 28. März 2024) befindet sich Voyager 1 in einer Distanz von 162,8 Astronomischen Einheiten zur Erde (AE, also der durchschnittliche Abstand zwischen Erde und Sonne) und entfernt sich mit knapp 17 km/s von der Sonne. Mit fast der halben Orbitgeschwindigkeit der Erde legt sie somit 3,6 AE pro Jahr zurück. Sendet uns die Sonde Signale, benötigen diese 22 Stunden und 33 Minuten für ihren Weg bis zur Erde. Es ist übrigens nicht ganz klar, wie lange sie das noch tun wird: Mit einem wissenschaftlichen Ende der Mission wird gegen ca. 2025 gerechnet, letzte Signale könnten wir bis etwa 2036 empfangen. Danach wird Voyager 1 der Strom ausgehen.
Der Rand des Sonnensystems ist indes – je nach Definition – noch lange nicht erreicht: Sollte die Oortsche Wolke tatsächlich existieren, deren Ausdehnung zwischen min. 2000 bis zu max. 100.000 AE angenommen wird, würde Voyager 1 frühestens in etwa 500 Jahren in diese eintreten und erst in ca. 30.000 Jahren wieder herauskommen – vorausgesetzt, sie kollidiert auf ihrem Weg nicht mit einem Planetoiden. In gut 40.000 Jahren könnte Voyager 1 dem Stern Gliese 445 dann näher sein als unserer Sonne. Von alledem werden wir allerdings nichts mitbekommen: Ihren weiten Weg durch das All wird sie unbeobachtet und still gehen.